Hallo,
unsere fünf Wochen Urlaub sind rum. Ging doch schneller als gedacht. Aber war dann auch genug, so viel konnten wir gar nicht mehr verarbeiten. Haben viele tolle Sachen gesehen, aber auch viele nicht so schöne Dinge erlebt. Vor allem die ersten zwei Wochen waren sehr anstrengend. Die Staaten westlich von Kolkata sind die ärmsten in ganz Indien - und nur wenig Touristen reisen hier rum.
Jetzt sind wir erstmal wieder froh „zu Hause“ zu sein. Morgen geht es an den Strand!
Dieser Eintrag enthält erstmal den ersten Teil unserer Tour, von Kolkata (in den letzten Jahren wurden viele indische Städte umbenannt, zurück in vorbritische Namen) nach Delhi. 2000 km war die Tour ungefähr lang, das ist so viel wie von Berlin nach Barcelona und trotzdem gab es da nur wenige Sachen zum Anschauen! So ein riesiges Land, aber am Ende gibt es dann doch nicht so viel zu sehen wie gedacht. Wenn man mal überlegt, die Strecke von Berlin, da würde man in zwei Wochen noch nicht mal bis Süddeutschland kommen, wenn man auch nur alles halbwegs Sehenswerte anschaut.
Nehmt euch auf jeden Fall mindestens eine Stunde Zeit, es gibt sooo viel zu zeigen…
Von vielen Dingen, die wir hier berichten, bekommt man als Reisender wenig bis nichts mit in den paar Tagen. Man muss Bücher und Artikel darüber lesen und Niewo fragt immer wieder die Einheimischen ganz konkret nach diesen Dingen. Meistens bestätigen sich dann die Informationen, wobei auch viele vom Leben außerhalb ihrer Region so gut wie nichts mitbekommen… Einzig sicher sind sich alle, dass genau ihre Gegend die beste von Indien ist und die anderen sowieso alle doof :-)
Auf Wunsch diesmal ein paar mehr Videos. Hauptsächlich, um das Straßenleben besser vorstellbar zu machen...
Man kann Indien ungefähr mit Europa vergleichen, im Großen und Ganzen ungefähr gleich, aber dann doch von Norwegen bis Italien komplett anders. Ebenso hier: Kleidung, Essen, Kultur, Aussehen, Architektur, Natur und vor allem die Sprache sind komplett verschieden. Man kann jetzt nicht genau sagen, ob die Unterschiede eher so sind wie in Meckpom und Bayern oder Meckpom und Spanien, aber so ungefähr. Lustig ist, dass viele Menschen kein „f“ aussprechen können, anstelle dessen dann ein „p“ verwenden. Das kommt dann dabei heraus: „Pipe people, pipe hundred Rupies“ :-)
Alles, was wir in Europa tun, um anderen Respekt entgegen zu bringen, ist hier halt anders. Rülpsen, furzen, kein Danke und Bitte sagen, anrempeln, sich nicht entschuldigen, 20cm neben einem ins Ohr brüllen, extreme Nähe, Berührungen, usw.; das ist hier an der Tagesordnung. Schon sehr anders und leider gewöhnt man sich daran auch nicht. Im Gegenteil, es geht nach kurzer Zeit extrem auf und an die Nerven…
Wie die Inder mit Untergebenen umgehen ist echt immer krass. Chefs, Kunden (mit Geld), usw. sind zu Angestellten oder Kellnern immer derart unfreundlich und schroff! Wir können aber nicht genau sagen, wie die Inder das selber empfinden, die Kultur hier kennt halt kein Bitte und Danke und genauso gut könnte man sagen, warum müssen wir ständig (und oft ja auch nicht ernst gemeint) alles erbitten und bedanken. Mal ein Beispiel: Wir stehen vor einer Tür im Restaurant, die geschlossen ist und bitten durch die Scheibe uns aufzumachen. Die Familie direkt neben der Tür sieht uns, macht aber nicht auf. Stattdessen wird dem Kellner zugeschriehen, doch mal die Tür aufzumachen. Der ist aber beschäftigt und hat zig Teller in der Hand. Statt nun die Tür selber aufzumachen, wird der Kellner 1min lang angebrüllt, er soll sich gefälligst beeilen!
Bis auf Coca Cola, gibt es in den Dörfern auch nichts, was aus dem Ausland kommt. In den Städten ist das genau entgegengesetzt. Wer Geld hat, versucht möglichst viele westliche Dinge zu kaufen. Wer unter den Jugendlichen cool sein will, spricht Englisch und trägt Jeans. Jedenfalls bis geheiratet wird und die Familie es dann verbietet...
Oft gibt es große Probleme, wenn zwei Menschen heiraten wollen, die aus verschiedenen Regionen des Landes kommen. Wir haben gerade ein Buch gelesen, in dem der Autor, der aus dem Norden kommt, sein Leben beschreibt. Er wollte gerne eine Frau aus Tamil Nadu heiraten. Seine Familie war strikt dagegen. Die „Schwarzen“ aus dem Süden – niemals. Er beschreibt dann den langen Kampf der beiden mit ihren Familien und deren Vorurteilen. Und in der Tat bestätigte sich das Bild, wenn man die Menschen im Norden auf Südindien ansprach. Zu vergleichen wäre das evtl. mit der Tatsache, wenn die Tochter sagt, dass sie gerne einen Türken heiraten möchte. Wäre wohl auch nicht gerade einfach. Die beiden haben es aber am Ende geschafft. Zwar „lieben“ sich die Familien nicht abgöttisch (in Indien heiratet man ja nicht nur die Person, sondern die ganze Sippe mit), aber immerhin akzeptieren sie einander...
Hinzu kommt, wie wir ja schon mal geschrieben hatten, der Rassismus gegenüber dunkleren Menschen. Die Nordinder bezeichnen die Südinder als „Schwarze“ und jeder schützt sich so gut es geht gegen die Sonne. Dazu die ganzen Cremes usw. Dabei muss natürlich wieder überlegt werden, was krankhafter ist: sich gegen die Sonne zu schützen – oder, wie wir, ins Solarium zu rennen und sich 8h in die Sonne zu legen, um möglichst braun zu werden...
Die meisten erfolgreichen Leute sind diejenigen, die extrem hell sind (teilweise könnte man denken gutgebräunte Deutsche). Fast nie bekommt ein Südinder einen höheren Job im Norden. Also voll krass!
Schön im Norden war, dass die Leute hier viel gesprächiger sind (auch untereinander) als im Süden. Männer sitzen zusammen, quatschen, es gibt Musik und Tanz. Zudem werden Alkohol und Fleisch konsumiert - für diejenigen von uns, die an solchen Dingen auch Gefallen finden *g*. Fast immer hat jemand – laut für alle hörbar – sein Handy an und beschallt den Bus oder Zug mit Musik. In einem Buch beschreibt ein Inder aus Delhi, der in den Süden muss, die eigentümliche Art im Süden, keinen Spaß am Leben zu haben und nur auf die Familie und Religion fixiert zu sein...
Die Menschen im Norden sind weit fortschrittlicher und moderner. Ob man das nun gut findet oder nicht, die Leute tragen viel mehr westliche Sachen, hören auch ausländische Musik und schauen nicht nur Bollywoodfilme usw. ...
Die Städte hier sind so gut wie nie sehenswert. Daher wollten wir eigentlich dort immer nur übernachten und uns tagsüber die Natur in der Umgebung anschauen. Leider scheiterte dieser Plan immer an dem Verständnis der Leute, was wir angucken wollen. Natur?? Warum denn das?! Nun ja, Motorräder leihen ging leider nie und den Taxi- oder Rikshafahrern konnten wir nie klarmachen raus zu fahren. Meistens lief es darauf hinaus, dass wir stundenlang mit einer Fahrradriksha durch eine laute, staubige und hässliche Stadt kutschiert wurden. Ziemlich frustrierend...
Kolkata ist ein Brennpunkt der Probleme Indiens (über 15 Mio Einwohner). Die Stadt leidet unter der wohl schlimmsten Luftverschmutzung der Welt, Menschenmassen drängen sich auf engstem Raum und immer mehr verarmte Bauern ziehen in die Stadt. Zugleich ist Kolkata eine Stadt, in der das Leben vibriert und die kulturelle Hauptstadt Indiens...
Die vielen bettelnden Kinder taten uns immer so leid! Aber man darf ihnen nichts geben. Erstens, um keine Bettelkultur zu fördern und zweitens - wer Slumdog Millionär gesehen hat, kennt die Methoden – gibt es viele Bettelbanden, die von skrupellosen Männern geführt werden und die Kinder sehen nichts von dem Geld. Das war echt hart, aber es blieb uns nix anderes übrig, als in die Luft zu gucken. Auch wenn sie 5min an unseren Beinen klebten...
Inder können immer und überall schlafen! Man sieht überall auf den Straßen (auch tagsüber) Leute liegen, die tief und fest schlafen. Einfach so, mitten auf dem Gehweg oder im Müll. Die Taxifahrer schlafen, wenn man mal für 10min das Taxi verlässt, beim Zurückkommen in seligstem Schlaf auf der Rückbank :-)
Im Norden gibt es viel viel mehr Touristen als im Süden. Die meisten natürlich an den wenigen berühmten Orten. Das ist teilweise lustig, weil z.B. in Varanasi alles voller Touristen ist, aber 3 km außerhalb der Stadt noch nie ein Weißer gesehen wurde. Wie an jedem touristischen Ort in der Welt, versucht man die Touris zu bescheißen. Alles verständlich, wenn man so arm ist, dass einem 10 Cent wichtig sind. So wird alles versucht, um möglichst viel aus den Fremden rauszubekommen. Trotzdem ist es extrem nervig, um alles (wirklich alles!) ewig lange Verhandeln zu müssen. Das trübt die Laune ungemein. Ein Glück gibt es sowas im Süden fast gar nicht. Wir haben es dann meistens so gemacht, dass wir bis zum besten Preis gehandelt haben (wenn wir wahrscheinlich auch nie den wahren einheimischen Preis errungen haben) und danach denen, die uns sympathisch waren, Trinkgeld gegeben haben. Im Gegensatz zum Süden zeigen die Leute hier teilweise sogar Gefühle, so dass man ab und zu sogar ein wenig Freude darüber sehen konnte...
Touristen aus anderen Bundesstaaten werden übrigens genauso behandelt, also abgezockt, wie Ausländer. Südinder haben also auch im Norden Schwierigkeiten zu Recht zu kommen...
Hauptproblem auf dem Land war, dass niemand Englisch spricht und wir kein Hindi sprechen. Meist dauerte es ziemlich lange, bis irgendwer gefunden wurde, der ein paar Brocken konnte und dann der immer größer werdenden Menschentraube erklären konnte, was wir vorhatten...
Generell ist die Entwicklung in vielen Dingen ähnlich wie in Deutschland. Vor 50 Jahren hat bei uns oft auch nur der Mann gearbeitet. Heute müssen beide arbeiten, damit das Geld reicht. Ebenso hier. Obwohl Frauen eigentlich nicht arbeiten sollen und vor allem auch genug zu Hause zu tun haben, arbeiten immer mehr. Besonders junge gebildete Frauen studieren und arbeiten dann in Banken und größeren Büros. Ansonsten sieht man im Alltag nie eine Frau arbeiten, nur im Supermarkt oder auf dem Feld und den Baustellen...
Der Norden ist deutlich ärmer als der Rest des Landes, man sieht viel größere Armut. Dadurch wurde uns bewusst, wie wohlhabend Coimbatore ist und wie viel angenehmer die Stadt (weniger Müll, Gestank, Lärm etc.) ist. Ein Glück sind wir hier gelandet...
Das Kastensystem verändert sich rasend bzw. es verändert sich nicht wirklich, es spielt bloß keine größere Rolle mehr. Vor 10 Jahren war es tatsächlich noch so, dass Unberührbare keinen Kontakt zu irgendwem hatten. Heute sind sie zwar immer noch in dieser Kaste, haben aber auch Bildung und Jobs und können sich Kleidung kaufen etc. So dass man im Alltag nicht mehr erkennt, wer was ist und sie somit ein relativ normales Leben führen können. Wobei trotzdem noch alle schmutzigen Berufe ausschließlich von dieser Kaste erledigt werden. Es gibt auch keine Ehrerbietung mehr vor höheren Ständen. Die Königskinder und Maharajas von heute saufen, sind drogenabhängig usw., wie bei uns die Promi- und Elitekinder oft auch, so dass die Leute oft mit Geringschätzung von ihnen sprechen...
Im Norden kommt es noch vor, dass Töchter gleich bei der Geburt getötet werden, da sich die Familien später die Hochzeit nicht leisten können...
Varanasi:
Die heiligste Stadt von Indien (vergleichbar mit Mekka). Es soll jetzt kein langer Aufsatz folgen, aber ein paar Infos: Varanasi ist eine oder vielleicht auch die älteste Stadt der Welt. Und im Gegensatz zu Babylon und Co gibt es sie noch. Seit Jahrtausenden pilgern Hindus hier her (heute per Bahn und Flugzeug) und verhalten sich noch genau wie früher: im Ganges baden, wichtige Tempel besuchen und zu sich finden. Dadurch wird die Stadt von tausenden Pilgern und vielen Touristen, die sich das anschauen wollen, täglich besucht. In der Tat ist es eine unbeschreibliche Stadt, die Atmosphäre ist wirklich beeindruckend. Neben den vielen Farben und Menschen und dem Ganges, sind es vor allem die öffentlichen Verbrennungen, die extrem sind und uns geschockt haben, auch wenn wir darauf vorbereitet waren. Im Hinduismus glaubt man, dass die letzte Stufe der Wiedergeburt die Geburt als Bürger von Varanasi ist. Wenn man dann noch einmal ein gutes Leben führt und in dieser Stadt stirbt und verbrannt wird, hat man es geschafft und kann dem Kreislauf entkommen und auf „die andere Seite“ gelangen. Das ist ganz wichtig, um die Fotos nachher zu verstehen. Wer hier verbrannt wird, stirbt also nicht einfach, sondern hat es geschafft. Er hat das Höchste erreicht, was man jemals erreichen kann. Daher ist niemand traurig, sondern es ist eine ganz andere, friedliche Stimmung.
Die Verbrennungen finden alle an bestimmten Ghats (Treppen am Flussufer) statt. An der Hauptstelle werden immer gleichzeitig mehrere Beerdigungen durchgeführt, 24h lang. Wenn jemand gestorben ist, muss die Leiche spätestens 3h danach verbrannt werden (max. 24h danach, wenn der Ehemann nicht in der Stadt ist). Dazu kommen alle männlichen Freunde und Familienmitglieder zusammen (Frauen weinen, wodurch der Tote nicht auf die andere Seite gelangen kann, somit sind sie ausgeschlossen) und tragen die Leiche durch die Stadt. Vorher muss sich der Ehemann am ganzen Körper rasieren. Dann zieht er weiße Kleidung an. Am Fluss wird der Leichnam ein letztes Mal gewaschen. Dann kauft man Holz. Vom Reichtum der Familie hängen die Menge und vor allem die Holzsorte (für einen guten Duft) ab. Ganz Arme werden im Krematorium vom Staat verbrannt. Die ganze Prozedur wird von einer speziellen Kaste der Unberührbaren durchgeführt. Am ewigen Licht (angeblich seit 3000 Jahren nicht ausgegangen) wird Stroh entzündet. Dann zündet der Witwer (wenn der Tote ein Mann war, der älteste Sohn) das Feuer an. Die Leiche liegt dabei nur mit ein wenig Stroh bedeckt und in voller Kleidung auf dem Holz. Die Verbrennung muss genau 3h andauern. Es gibt dabei noch viele Rituale, aber die interessanten sind (manche Informationen sind dann noch heftiger gewesen als wir erwartet hatten): Die Leiche verbrennt komplett (heftig ist der Moment, wenn der Schädel platzt!), bis auf die Brustknochen beim Mann und die Hüftknochen bei der Frau. Diese werden dann in den Ganges geworfen. Die Asche wird ebenfalls meist in den Fluss getan (wobei manchmal Arme dabei versuchen, noch übriggebliebenen Schmuck zu finden). Der Witwer trägt seine Kleidung 13 Tage lang, ohne sich zu waschen. Die anderen Familienmitglieder dürfen keine Seife verwenden. Nach den 13 Tagen wird eine zweite Feier abgehalten. Damit ist dann die Reise des Toten beendet.
Die Leichname von Säuglingen, Schwangeren, Opfern von Schlangenbissen, Pocken und Lepra werden nicht verbrannt. Sie werden in Säcken im Ganges versenkt - hin und wieder kommen die Körper aufgebläht an die Oberfläche und treiben vorbei!
Das alles klingt ziemlich schauerlich und anfangs war es auch echt schockierend. Aber nach einer Weile war es dann eigentlich echt schön (Bei den Verbrennungen kann man problemlos zuschauen. Wie fast immer in Indien gibt es auch hier keinerlei Privatsphäre. Selbst die Angehörigen quatschen und lachen die meiste Zeit.). Für Laura blieb es nach wie vor erschütternd, allerdings war sie von der friedlichen und spirituellen Atmosphäre überrascht. Wenn wir den Leuten erzählt haben, dass die Menschen in Deutschland beerdigt oder im Krematorium verbrannt werden, waren sie ganz entsetzt „Was, ganz allein (die Leiche)? Das ist ja voll traurig“. Und in diesem Moment wurde uns die Bedeutung der Rituale für die Inder verständlich...
Zum Sonnenaufgang ist es besonders schön am Fluss. Die Sonne taucht den Ganges in gelbe/rötliche/grünblaue Farben – durchdrungen vom Dunst, der vom Wasser aufsteigt und vom Rauch der Feuer, der aus den Häusern dringt. Im Wasser treiben Blüten, Girlanden und Öllichter. Glockenklang aus nahen Tempeln und Schreinen mischt sich mit Stimmen von überall her – trotzdessen herrschte eine andächtige Stimmung...
Die Flussverschmutzung ist enorm - 1. Mio mal höher als in Deutschland erlaubt! Und in der Tat werden auch viele Inder krank, wenn sie im Wasser waren. Aber eine jahrtausend alte Tradition bekommt man nicht aus den Köpfen. 95% der Verschmutzung kommt aber nicht von den Leichen, sondern aus der Industrie und den Städten, die einfach alles ungefiltert in den Fluss leiten. Seit einigen Jahren gibt es nun eine große Kampange seitens der Regierung, den Fluss zu säubern und das läuft wohl ganz gut...
Nein, wir wollen unsern Eltern keine Angst machen, aber: wir waren erstaunt zu lesen, wie viel Terroranschläge es in Indien gibt. Jedes Jahr dutzende. Von den meisten hört man in Deutschland nie etwas, selbst wenn es viele Tote gibt. Aber in unserer Gegend ein Glück eher nicht. Die meisten Anschläge verüben, wie auch sonst, religiöse Fanatiker. Meist aufgrund von Problemen mit Muslimen. Bei uns im Süden gibt es ja kaum welche, aber im Norden stellen sie teilweise bis zu 50% der Bevölkerung dar (dafür gibt es im Norden so gut wie keine Christen). Im Süden gibt es keinerlei Probleme, im Norden viele. Noch vor 10 Jahren konnte sich niemand vorstellen, dass ein Hindu und ein Muslim befreundet sein können. Heute reden zumindest alle miteinander und es gibt auch schon Freundschaften. In dieser Hinsicht verändert sich durch das Internet und auch durch das zunehmende Wissen der Leute sehr viel...
Eins der größten Abenteuer, das wir viele Male erleben durften, war das Zugfahren. Angeblich früher noch viel krasser (unvorstellbar), ist es inzwischen ziemlich gut organisiert. Man kann über das Internet Karten reservieren und wenn man Glück hat zwei Wochen vorher einen Platz bekommen. Wir hatten aber meist als Weiße einen Sonderstatus und der Schaffner ließ uns auch so in den Zug. Ein Gewusel! Ständig brüllt und schreit jemand, Musik und vor allem Essen. Alle 5min läuft jemand durchs Abteil und verkauft Essen und Tee. Und an jeder Station bieten dutzende Verkäufer Essen an. Alles wird im Zug zu sich genommen, die Reste und Abfälle auf den Boden oder aus dem Fenster geworfen. Alles sitzt oder liegt übereinander. Niemand stört sich an irgendetwas, Nähe und Körperkontakt ist normal. Wenn sich zwei Personen streiten, ist sofort der ganze Wagen dabei und feuert an, guckt zu und johlt. Die geilsten Jalalala-Rufe konnte man da lernen! Teebecher werden umher geworfen und sich über drei Reihen hinweg lautstark unterhalten. Soo sensationsgeil; hat großen Spaß gemacht. Tagsüber wars lustig, nachts eher anstrengend. Was nicht so schön war, war der Geruch nach Urin...
Hier gilt nicht: erst aus-, dann einsteigen. Nein, es wird gedrängelt und geschubst. Das führt oft dazu, dass die Türen komplett verstopft sind, der Zug oder Bus schon wieder losfährt und manche Leute noch nicht mal aussteigen konnten!
Wenn man einen Inder nach etwas fragt (Weg, Preis, Öffnungszeit) bekommt man immer eine Antwort. Egal ob derjenige die Antwort kennt, er sagt einfach irgendwas. Deshalb haben wir immer 10-20 Leute gefragt und die häufigste Antwort dann zu der wahrscheinlich richtigen erklärt. Meistens war es dann ok, manchmal aber auch nicht. So kam es, dass wir öfters stundenlang warten mussten, um dann z.B. doch den Zug schon auf dem anderen Gleis fahren zu sehen. Das bedeutete dann mit den Rucksäcken rüberrennen und versuchen auf den fahrenden Zug aufzuspringen! Ein Glück helfen einem die Leute dann und zerren einen rauf. Vielleicht nicht lebensgefährlich, aber auf jeden Fall gefährlich! Aber was tun? Nochmal fünf Stunden warten?
Wer schon mal im Lagerfeuer etwas Plaste verbrannt hat, weiß wie das stinkt. Vielleicht kann man sich dann vorstellen, wie es auf den Straßen aufgrund der vielen Müllfeuer riecht…
Wen es interessiert, hier mal drei Links für typische Songs aus Indien. Zu 99% immer Filmsoundtracks:
http://www.youtube.com/watch?v=EcI9l57jj4I
http://www.youtube.com/watch?v=aYyKvp5oT8Q
http://www.youtube.com/watch?v=W2hnLYuCzgQ
Wir sind nicht besonders oft Auto gefahren, aber selbst bei den paar Malen, haben die Fahrer dreimal fast einen Unfall gebaut. Einmal wurde genau vor uns eine Kuh überfahren, die 1m vor uns noch ausgewichen ist!
Als wir einmal wilde Elefanten sahen, kam der Bulle auf das Auto zugerannt. Niewo hat dabei fast einen Herzinfarkt bekommen. Ein Glück konnte das laute Aufheulen des Motors ihn 10m vor dem Auto zum Stehen bringen...
Fotos 11: Kolkata nach Delhi
lg L+N
PS. Eine kleine Berichtigung zum letzten Mal: die Oberschicht ist nicht 20% groß, sondern viel kleiner. Man verdient da auch nicht 1000-3000 EUR. Ein Ingenieur von einem guten College fängt mit 600 EUR an und das ist schon die Elite.